Also ich glaube, wir lachen fast nur. (Teil 2)
Wir sprechen mit Jeannine viel über die Zukunft der Pflege, die politische Dimension der Betreuung von Menschen und das Berufsbild der Pflegefachkraft, für das sie sich einsetzt. Sie kommt ins Grübeln, scheut aber nicht vor deutlichen Worten zurück – ganz Berliner Schnauze eben:
„Also ich habe Mitarbeitende, die seit 2013 bei mir im Unternehmen sind, also seit 10 Jahren. Das ist eigentlich ein sehr stabiles Team, aber jetzt hab ich nach gut fünf Jahren gleich drei Mitarbeitende kurz hintereinander verloren, die ich jetzt wieder kompensieren muss. Es ist sehr schwer, gutes Personal zu finden. Die Zeiten sind nicht einfach. Und das Gesundheitsministerium hier um die Ecke sollte auch anders besetzt sein. Zur Not mach‘ ich den Job eben selbst.“
Wir kennen alle die Herausforderungen an den Pflegebereich in Deutschland, aber Jeannine ist durch das Personalmanagement natürlich täglich mit dem schlechten Bild aus Kliniken und anderen Einrichtungen konfrontiert:
„Es heißt: Wenn du in der Pflege bist, haste kein Privatleben, du musst jedes Wochenende arbeiten. Diese individuellen Modelle werden noch gar nicht gelebt. Aber wir hier unterstützen uns gegenseitig. Nicht nur auf Arbeit, auch im privaten Bereich. Jeder hat mal Probleme mit den Kindern oder wenn das Auto kaputt geht. Wir versuchen wirklich, miteinander bestehende Probleme anzupacken und nach Lösungen zu suchen.“
Auf die Frage, ob sich der Pflegeberuf für junge Menschen lohne, muss sie lächeln
„Ich würde das schon empfehlen, weil mit Pflege und einem funktionierendem Gesundheitssystem steht und fällt alles. Aber gegen den Beruf des Influencers zum Beispiel kommt man nicht an, dat kann ich euch sagen. Außerdem sollte man für den Pflegeberuf auch einige Dinge mitbringen: Natürlich erstmal ne Ausbildung als Pflegefachkraft. Man muss offen für Neues sein. Halbwegs flexibel. Und natürlich teamfähig.“
Immer wieder klingelt das Telefon, kommen Mitarbeitende rein, sprechen mit Jeannine oder machen einen Witz so nebenbei. Der Tag geht weiter, die Intensivpflege-WG braucht ihre Leiterin und wir verabschieden uns. Beim Rausgehen fragen wir sie noch, wie oft denn hier so gelacht wird am Tag. Jeannine muss grinsen:
„Also ich glaube, wir lachen fast nur.“